Noch vor den Sommerferien 2020 stand fest, dass man sich nicht nur in Österreich, sondern auch in den Nachbarländern sicher war: Der Schulbetrieb wird nach den Sommerferien wieder normal aufgenommen. Doch die zweite „Corona-Welle“ stellt alle Planungen und Hypothesen in Frage.
Wie wird die Schule nach dem Corona Sommer wieder starten?
Das Bildungsministerium in Österreich hat sich jedoch vorgenommen, den normalen Schulalltag weitgehend wieder her zu stellen. Aufgrund der geringen Infizierungen von Schülern und Lehrern der letzten Monate und des bisher effizienten Schichtbetriebs (Lerngruppen werden in Kleingruppen unterteilt und zu unterschiedlichen Zeiten unterrichtet) sieht Bildungsminister Heinz Faßmann bisher noch keine Veranlassung dazu, den regulären Unterricht nach den Sommerferien nicht wieder voll aufzunehmen.
Der Reproduktionsfaktor (die durchschnittliche Infektionsweitergabe durch eine Person) liege in Österreich derzeit unter eins. Hinzu komme die Tatsache, dass Schülerinnen und Schüler zwar möglicherweise infiziert, dennoch nicht zwangsläufig auch Überträger des Virus seien. Schüler, die nicht husten oder niesen seien keine automatischen Virusüberträger, heißt es in einer offiziellen Stellungnahme. Allerdings waren sich die meisten Eltern vieler Länder nach den Osterferien darüber einig, den Schulbetrieb eher einzustellen als Neuinfizierungen zu riskieren. Die Wiederaufnahme des innerschulischen Kontakts könne tatsächlich zu einem Anstieg der Infektionszahlen führen. Doch wie genau soll der Unterricht fort geführt werden? Wie gehen andere Länder damit um?
Was planen Nachbarländer nach den Sommerferien?
- In der Schweiz findet der Präsenzunterricht wieder statt, obgleich sich die Kantone über die Schutzmaßnahmen uneinig sind. Die Volksschulen sehen bisher von einer generellen Maskenpflicht ab. Mittelschulen, Gymnasien und Berufsschulen einiger Kantone halten sie jedoch für unabdingbar, schon allein deswegen, weil die Abstandsregelungen nicht immer eingehalten werden und die Größe der Unterrichtsräume hierfür entscheidend sei.
- Ähnliche Differenzen herrschen derzeit in Deutschland. Viele Bundesländer schreiben das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes zumindest außerhalb der Klassenräume vor. Das pädagogische Kerngeschehen hingegen solle von dieser Pflicht nicht beeinträchtigt werden – zu wichtig sei die uneingeschränkte Kommunikation während des Unterrichts. Lehrergewerkschaften sehen der Planung zum Regelunterricht mit großer Besorgnis entgegen. Geteilte Lerngruppen seien das Gebot der Stunde und müssten besser organisiert werden.
- Dagegen gestaltet sich die Situation in Italien schwieriger. Um größere Lerngruppen zu vermeiden soll wegen Platzmangels in den Schulen der Unterricht auf andere Kulturgebäude ausgedehnt werden. Gesundheitsminister Speranza fordert zu mehr Disziplin auf. Für den erzieherischen Mehraufwand der Eltern scheint momentan keine Entlastung in Aussicht.
Welche Maßnahmen sind in Österreich zu erwarten?
Ab September soll ein zuvor erprobtes System darüber Aufschluss geben, wie prekär die epidemische Lage ist und welche Maßnahmen vor Ort zu treffen sind: Die Corona-Ampel.
Gesundheitsminister Anschober stellte eigens für diese Aufgabe eine Kommission zusammen, die 19 Mitglieder aus Bund und Ländern sowie Fachexperten umfasst. Die Kommission wird mindestens einmal wöchentlich zusammen kommen und nach genauer Analyse darüber entscheiden, welche „Ampelfarbe“ örtlich zuzuordnen ist und welche Maßnahmen jeweils erforderlich sind.
Dieser Prozess erfolgt nach vier Schritten:
- Auf Bundes-, Landes- und Bezirksebene werden Tests, Fälle von Infizierungen, Überträgern und Möglichkeiten des Gesundheitswesens überprüft (Monitoring).
- Aufgrund dieser Daten wird die epidemische Lage eingeschätzt und es werden Empfehlungen für Bund, Länder und Bezirk ausgesprochen.
- Das Gesundheitsministerium legt nun eine Ampelfarbe für die jeweilige Region fest und die damit verbundenen Vorbeugungsmaßnahmen.
- Im Anschluss werden die vorgeschlagenen Maßnahmen umgesetzt, beziehungsweise angeglichen.
Für die Schulen gestalten sich die Maßnahmen der jeweiligen Ampelfarbe folgendermaßen:
Stufe Grün bedeutet: Der Schulbetrieb wird normal weiter geführt bis auf die bisherigen Hygiene- und Abstandsregelungen.
Bei Stufe Gelb ergeht die Pflicht zum Tragen des Mund-Nasen-Schutzes außerhalb der Klassenräume wie in den Pausen, auf dem Schulweg und eventuell in den Sporträumen. Zudem können hier Lerngruppen wieder minimiert und Exkursionen gestrichen werden.
Die Zwischenstufe Orange weise auf einen deutlichen Anstieg der Infektionen hin. Kleingruppenunterricht bis hin zur Schließung einzelner Klassen und Heimunterricht könnten hier mögliche Maßnahmen sein.
Ab Stufe Rot wird der Schulbetrieb weitgehend auf einen Notbetrieb umgestellt. Für die meisten Schüler wird der Unterricht wieder zu Hause weiter geführt. Die Maskenpflicht besteht dann bereits beim Betreten der Schule.
Die Ergebnisse der Kommission sollen wöchentlich aktualisiert und auf einer eigenen Website veröffentlicht werden. Für einige Parteisprecher scheint das Ampel-Konzept noch nicht ganz ausgereift zu sein. Die Problematik liege nicht in den Maßnahmen, sondern in der Festlegung der Ampelfarbe. Hierzu plant das Ministerium, eine repräsentative Anzahl von Lehrern und Schülern alle drei Wochen über ganz Österreich verteilt mittels der Gurgelmethode zu testen. Diese Methode sei zukünftig auch für den häuslichen Gebrauch vorstellbar. Zeigen Schüler unabhängig davon Symptome, die auf eine CoV-Infektion hindeuten, werden die Gesundheitsbehörden darüber informiert und übliche Quarantäne-Maßnahmen ergriffen.
Es gilt, die Schüler für den Ernst der Lage zu sensibilisieren. Neben der Einhaltung der Hygienemaßnahmen (regelmäßiges Händewaschen, Husten und Niesen in die Armbeuge) sowie der Abstandsregeln sollen auch die Klassenräume alle 20 Minuten gelüftet werden.
Von Schichtbetrieb oder gar erneuten Schulschließungen sei derzeit nicht auszugehen. Bewährt sich das Ampelsystem und bleiben die Infektionszahlen in einem vertretbaren Rahmen, ist vorerst nicht mit Heimunterricht zu rechnen.